„Für die Harvard Business School benötigt man ein 1,0 Abi.“, „Als Normalsterblicher hat man mit Sicherheit keine Chance auf einen MBA an einer der besten Business Schools.“, oder auch „Mit einem GMAT unter 730 hat man keine Chance.“
Der MBA an einer der besten Business Schools ist für immer mehr Personen im Wirtschaftsbereich ein großes Ziel und so türmen sich Mythen und Ansichten zum Bewerbungsprozess. Oftmals stammen diese allerdings von Personen ohne Erfahrung oder ohne eigenen MBA – unfundierte Sichtweisen, die wir in diesem Beitrag gerne kritisch betrachten wollen.
1. Man muss in allen Bereichen exzellent sein, damit man genommen wird
Falsch. Bei der Bewerbung für die prestigereichsten Business Schools kommt es nicht darauf an, dass man überall hervorsticht, sondern dass man einerseits zur Persönlichkeit der Business School passt (cultural fit) und andererseits ein für die Studierendengemeinschaft bereicherndes Profil hat. Wie dieses genau aussieht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, die man pauschal nicht beschreiben kann. Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die Bewerbung ein Gesamtkunstwerk ist, bei der ein starker Aspekt gerne auch einen schwächeren ausgleichen kann.
2. Für einen MBA an einer Top Business School benötigt man ein 1,0 Abi
Falsch. Das Abitur hat je nach Business School keinen bis einen geringen Einfluss auf den Bewerbungsprozess. Viel wichtiger als das Abitur sind die Noten im Bachelor sowie der GMAT/GRE. Aber auch hier gilt: die Noten und der GMAT/GRE Score sind kein Garant für eine definitive Zusage, vielmehr geht es wie oben bereits beschrieben um die Gesamtheit der verschiedenen Bewerbungsunterlagen sowie Profilaspekte.
3. Mit einem GMAT unter 730 hat man keine Chance
Kommt drauf an. Es stimmt zwar, dass der Durchschnitt der GMAT Scores enorm hoch ist, die Range des GMATs ist aber deutlich breiter. Zum Vergleich die GMAT Resultate der Class of 2024 von vier Business Schools:
- Harvard Business School: Durchschnitt 730, Range 540-790
- Stanford Graduate School of Business: Durchschnitt 737, Range 630-790
- Yale SOM: Durchschnitt 725, Range (Middle 80%) 690-760
- Columbia Business School: Durchschnitt 729, Range 550-780
Hier gilt: je einseitiger das eigene Profil ist, desto höher sollte der GMAT sein. Dazu zählen klassische Wirtschaftsstudiengänge, typische Wirtschaftsbereiche (Consulting, Investment Banking, etc.), aber auch Identitätsmarker wie Geschlecht (männlich), Hautfarbe (weiß), Religion (Christlich, atheistisch), sozioökonomische Hintergründe (wohlhabend, privilegiert, Akademikerfamilien) sowie weitere Faktoren.
Bewerbende mit mehr Diversität im Lebenslauf bereichern die Klasse durch ihre andere Sichtweise und haben somit mehr Spielraum bei GMAT oder GRE Scores. Darunter fallen unter anderem fachfremde Studiengänge (u.a. Philosophie, Linguistik, Medizin), alternative Berufe (u.a. Galerist*innen, Theolog*innen, Wissenschaftler*innen) oder auch Identitätsmarker wie unter anderem Arbeiterfamilien, Migrationserfahrung spielen hier eine große Rolle. Aber auch Erfahrungen oder Erlebnisse können sich auch vorteilhaft auf die Bewerbung auswirken: Das Gründen einer Friedensbewegung oder eine Desertation können der MBA Klassengemeinschaft interessante Perspektiven ermöglichen.
4. Bevor man den MBA macht, sollte man einen Master absolviert haben
Falsch. Der MBA an sich benötigt keinen Master als Zugangsvoraussetzung, sondern je nach Business School mindestens 2 Jahre Berufserfahrung. Das Problem in Deutschland aber ist, dass viele Studierende nach dem Bachelor keine exzellenten Offer für gute Unternehmen erhalten und sich durch Praktika und Weiterbildungen (wie einen Master) einen höheren Berufseinstieg erhoffen. Aus diesem Grund sieht man unter deutschen Bewerbenden oft Personen, die sowohl den Bachelor, als auch den Master absolviert haben.
5. Als Extracurricular Activities reicht der Pro Bono Consulting Club
Falsch. Hier sollten zwei Aspekte bedacht werden: Je nach Business School existieren Unterschiede in der Anzahl der Aktivitäten – diese schwanken aber in etwa zwischen 2-4 im Studium und 2-4 im Berufsleben. Viele Bewerbende vernachlässigen vor allem nach ihrem Bachelor im stressigen Berufsleben das soziale Engagement und haben dann bei der Bewerbung keine kürzlichen vorzuweisen.
Aber nicht nur die Anzahl ist relevant, sondern auch die Art des Engagements. Die meisten Business Schools legen Wert auf tatsächliche soziale Engagements, bei denen eine bestimmte Gruppe von Menschen unterstützt wurde. Hier kann es sich um Arbeit in Altenheimen oder auch Unterstützung von ehemaligen Häftlingen handeln – die studentische Unternehmensberatung erfüllt leider diesen Anspruch nicht. Beachtet werden sollte aber weiterhin, dass nicht irgendein Engagement gemacht werden sollte, sondern es sollte zum eigenen Lebenslauf passen.
6. Die Zulassungsquote von 10% ist wirklich hoch. Ein sehr gutes Profil (sehr gute Brands, GMAT und Recommender) reicht völlig aus
Falsch. Bei den Business Schools bewerben sich meist nur die Personen, die der Meinung sind, dass sie Chancen haben. Damit besteht der Wettbewerb nicht aus der Durchschnittsgesellschaft, sondern vor allem aus denjenigen, die ein ähnliches oder besseres Profil als das eigene vorweisen können. Zusätzlich dazu kommt es in der Bewerbung nicht nur auf diese hard facts an, sondern auch auf die Persönlichkeit und den Charakter der Bewerbenden. Nicht ohne Grund verlangen viele Business Schools Essays, die nicht explizit nach dem beruflichen Werdegang fragen, sondern mehr über die bewerbende Person herausfinden wollen.
Um einen Einblick in typische Essayfragen zu geben, werden hier einige ausgewählte aufgelistet, die für die Class of 2025 gestellt wurden:
- Harvard Business School: As we review your application, what more would you like us to know as we consider your candidacy for the Harvard Business School MBA program?
- Stanford Graduate School of Business: What matters most to you, and why?
- Yale SOM: Describe the biggest commitment you have ever made.
- Columbia Business School: Tell us about your favorite book, movie, or song and why it resonates with you
Diese Fragen helfen bei der Auswahl der Bewerbenden und geben dem Admissions Board ein Gefühl, ob die Person ein cultural fit ist.
7. Für den Essay muss man nicht viel Zeit einkalkulieren
Falsch. Die Essays, wie im darüberliegenden Punkt gezeigt, erfordern eine tiefgreifende Reflexion. Nicht nur ist es wichtig, dass man sich mit dem Profil der Business School vertraut macht, sondern auch, dass das eigene Profil, die eigene Motivation, Karriere und Persönlichkeit sowie vergangene Entscheidungen kritisch hinterfragt werden. Dieser Reflexionsprozess kommt deutlich vor der ersten Essayformulierung und kann zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten dauern.
Als Beispiel soll eine der Essayfragen der Columbia Business School herangezogen werden: „Tell us about your favorite book, movie, or song and why it resonates with you“. Viele unserer Clients wählen als erstes einen kürzlich erschienen Film. Das Problem hierbei: dadurch, dass die meisten kürzlich erschienenen Filme sehr bekannt sind, wird ein großer Teil der anderen Bewerbenden den gleichen Titel wählen. Die meisten gewählten Titel (Film, Buch, Lied) bewegen sich außerdem im Mainstream und somit läuft der Essay Gefahr, einer von vielen Essays zu werden, der bei weitem nicht der beste ist.
Zusätzlich dazu fällt die Wahl meist auf einen Film, der gefallen hat und nicht durch die Handlung das eigene Leben, die eigenen Entscheidungen oder die eigene Person näher beschreiben kann. Um das gewährleisten zu können, muss das eigene Leben soweit reflektiert werden, dass man weiß, in welchem Titel es sich in Facetten widerspiegeln lässt.
Unterstützung
Falls Du dennoch Unterstützung benötigst, helfen wir Dir gerne bei der MBA Bewerbung, aber auch strategischen Profilentwicklung, falls Du noch einige Jahr vor dem Bewerbungszeitraum stehst.