Kleine und große Entscheidungen treffen
Vanilleeis oder Schokoladeneis? Nach Mannheim ziehen oder Sydney? Einen MBA oder einen Doktor machen? Bei Porsche bleiben oder zu BMW wechseln? Die Karriere noch mal komplett neu orientieren und von vorne anfangen oder unzufrieden im Bestehenden verhaftet bleiben? Mal das ganze Leben auf den Kopf stellen oder irgendwie weitermachen? Curry essen oder Lasagne?
Unser Leben und unser Alltag sind geprägt von verschiedenen Entscheidungen, von denen einige leichter zu treffen sind als andere. Einige haben kurzfristige Konsequenzen, andere hingegen können die komplette Zukunft verändern. Manche davon sind so weitreichend, dass die Auswirkungen nicht zur Gänze miteinbezogen werden können. Und gerade solche Entscheidungen sind es, die uns maßgeblich prägen werden und die daher nicht leichtsinnig getroffen werden sollten.
Bei kleinen Entscheidungen lässt sich leicht ein Kompromiss finden – heute Vanilleeis und morgen dafür Schoko, bei großen aber, wie Umzüge auf andere Kontinente oder Neuorientierungen in der Karriere, müssen so viel mehr Aspekte bedacht werden. Daher stellt sich die Frage, wie man mit solchen Entscheidungen umgehen soll, wenn man weder über eine Glaskugel verfügt noch die Zukunft maßgeblich beeinflussen kann?
Information als Basis
Um eine informierte Entscheidung zu treffen, ist es notwendig alle Faktoren zu bedenken. In der Regel existieren verschiedene Optionen, die gegeneinander abgewogen werden können. So kann man etwa die beiden Zukunftsaussichten bei Porsche im Vergleich zu BMW vergleichen oder versuchen zu erfassen, welche Auswirkungen eine Handlung im Vergleich zur Beibehaltung des Status Quo hat.
Gleichzeitig ist es hilfreich, die verschiedenen Ebenen zu betrachten, die von der Entscheidung betroffen sein können.
Beziehungsebene
Die seltensten folgenschweren Entscheidungen betreffen eine Person alleine. Das Umfeld und die Beziehungen innerhalb dieses Umfelds spielen dabei meist eine große Rolle. So hat die Entscheidung für einen Umzug von Hamburg nach Sydney beispielsweise nicht nur Auswirkungen auf die Person, die diese Entscheidung trifft, sondern auch auf ihr Umfeld.
Wie werden sich die Beziehungen im verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Kontext verändern? Wie vertretbar ist es, in Notfällen nicht oder erst sehr stark zeitlich verzögert anwesend zu sein? Wird eine Familie mitziehen und welche Konsequenzen hat der Umzug für jedes einzelne Familienmitglied? Sind akzeptable Karriere- oder Ausbildungsoptionen für Familienmitglieder vorhanden und wie beeinflusst der Umzug ihr soziales Umfeld?
Identitätsebene
Welche Auswirkung hat die Entscheidung auf die eigene Identität? Kann man sich mit den Konsequenzen dieser Entscheidung identifizieren oder führt es zu Konflikten mit dem Ich? Vielleicht ist die eigene Karriere eine Quelle von Frust und Abneigung, der Mut zu einer Veränderung aber nicht groß genug. Welche Faktoren hindern daran, die eigenen Träume zu verwirklichen und sind diese Hindernisse realistisch und in unserer Wirklichkeit verankert im Gegensatz zu internalisierten Glaubenssätzen?
Zeitebene
Viele Entscheidungen haben unterschiedliche zeitliche Konsequenzen. Kurz-, mittel- und langfristige Folgen sollten separat bedacht werden. Viele Aspekte, die daran hindern große Veränderungen umzusetzen, sind kurzfristiger Natur – das Leben auf den Kopf zu stellen kann kurzfristig Konflikte auslösen, denen man sich vielleicht nicht stellen möchte, auch wenn diese Entscheidung sich langfristig lohnen würde. Mitten in der Karriere doch noch mal ein Vollzeitstudium abschließen bedeutet kurzfristig finanzielle Unsicherheit, kann aber langfristig zu mehr Zufriedenheit im Job und dem Leben führen.
Der spontane Umzug nach Los Angeles ohne Job kann hingegen kurzfristig aufregend und spannend sein, aber die mittelfristigen Anstrengungen, sich in einer neuen und auch sehr teuren Stadt ein Leben aufzubauen sowie sich beruflich ohne vorherige Optionen dort zu etablieren, können enorm aufreibend sein.
Mut zur Entscheidung
Große Entscheidungen zu treffen ist somit etwas, das sehr viel Fingerspitzengefühl und auch Weitblick erfordert. Und auch wenn einige Entscheidungen Angst auslösen und man sie daher lieber in die Zukunft verschiebt, hoffend, dass sie sich von alleine lösen werden, ist es immer sinnvoll, sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen.
Denn Entscheidungen zu verschieben bedeutet auch, sich für den Status Quo zu entscheiden, der manchmal als problematisch und nicht optimal (aber bequem, weil bekannt) betrachtet wird. Manche Entscheidungen, vor allem, die uns am meisten Angst machen, sind die, auf die wir im Idealfall zurückblicken werden und so unendlich dankbar sind, sie getroffen zu haben, weil sie unsere Leben in positiver Weise nachhaltig prägen konnten.