Wie finde ich gute Karriereziele und worauf muss ich achten?

03.05.2023

„Und, was willst Du nach dem Studium machen?“ Fragt die Oma.

„Man muss sich früh festlegen!“ Predigt der Youtube Kanal.

„Praktika müssen klug aufeinander abgestimmt sein, sonst hat man keine Chance.“ Liest man im Internet.

„Der rote Faden darf nicht fehlen.“ Hört man andere sagen.

 

Und so steht man in den ersten Semestern seines Bachelorstudiengangs vor der großen Frage, was man langfristig machen möchte. Einblicke in die verschiedenen Industrien konnte man bisher noch nicht sammeln und ganz ehrlich – als Praktikant*in hat man bis auf wenige Ausnahmen wenig Chance zu sehen, wie es später tatsächlich ist, in diesem Bereich zu arbeiten. Zumal sich die Unternehmen stark unterscheiden. Eine kleine Consultingfirma operiert komplett anders als McKinsey.

Das Studium fordert seinen Tribut, denn die Noten sollen schließlich auch vorzeigbar sein. Irgendwann muss man die Zeit für Extracurriculars finden, denn ein guter Lebenslauf beinhaltet gute Extracurriculars. Gleichzeitig hört man, dass diese auch zum Lebenslauf passen müssen und je nachdem, wo man später einsteigt, auch dazu passen sollten. Und was war das ganze mit Targetunis? Kann man die eigenen Karriereambitionen gleich begraben?

Der Druck wird größer, vor allem, wenn man andere sieht, die ein Praktikum nach dem anderen machen und scheinbar ganz genau wissen, wo sie hinwollen. Man selbst wird aber unsicherer, verspielt man sich etwa Chancen, indem man wartet und überlegt, sollte man sich einfach festlegen, ohne jemals einen Einblick gehabt zu haben?

 

Wir sehen, dass immer mehr Studierende verunsichert sind, nicht wissen, wo sie langfristig hinwollen und Angst haben, Fehler zu machen und hiermit wollen wir mit diesem Beitrag aufräumen.

 

Woher weiß man, was man machen möchte?

Viele Menschen haben mindestens ein Interesse, das sich durch ihr Leben zieht und dieses gilt es herauszufinden. Nimm Dir hierfür am besten ein Blatt Papier und notiere alle Themen, die Dich interessieren. Du kannst dafür in viele Dimensionen gehen. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Artikel: Welche Artikel liest Du gerne und welche Themen verfolgst Du mit Interesse?
  • Filme: Was interessiert Dich an den Filmen und Serien, die Du schaust?
  • Referate: Welche Referate haben Dir Spaß gemacht und warum?
  • Kurse: Welche Kurse besuchst Du gerne oder hast Du gerne besucht?
  • Unterhaltungen: Worüber unterhältst Du Dich gerne?

Viele unserer Klient*innen, mit denen wir über ihre Interessen diskutieren, stellen fest, dass sie Leidenschaften in Themen haben, die für sie unvereinbar mit Wirtschaftskarrieren klingen. Mit viel Geschick und Wissen kann man diese Leidenschaften (sei es Gaming oder Hunde) in spannende Praktika übersetzen, die sie später nicht nur in die prestigereichen Unternehmen bringen können, sondern ihren Lebenslauf auch von anderen abheben lassen.

 

Muss man an einer Targetuni gewesen sein, um Chancen zu haben?

Nein. Es kommt nicht immer nur auf den Namen der Uni an, sondern auf den gesamten Lebenslauf und den Entscheidungen, die man entlang des Weges getroffen hat. Ich selbst habe an der Harvard Business School studiert und bin bei McKinsey eingestiegen, obwohl ich weder in Sankt Gallen noch an der WHU war, sondern dual an der FAU Nürnberg studiert habe.

 

Was ist, wenn ich mich auf einen Karriereweg festlege und er mir nicht gefällt?

Hier gibt es tausend Möglichkeiten, die davon abhängig sind, an welcher Position man aktuell ist und wohin man möchte. Für Bachelorstudierende kann der Master immer noch helfen, die Richtung zu wechseln. Manchmal kann man in einem Unternehmen auch die Position so wechseln, dass man Fähigkeiten aufbaut, die für einen Industriewechsel benötigt werden. Eine weitere Möglichkeit stellt der MBA dar, der gerne als Career Change und gleichzeitig Sprungbrett dienen kann.

 

Andere haben sich früher festgelegt, werden sie mehr Chancen haben?

Kann man pauschal nicht beantworten. Wenn z.B. viele Studierende die gleiche Art von Praktikum in ähnlichen Positionen und Unternehmen machen (ein Trend, den wir gerade mit Sorge beobachten), haben andere Profile oftmals mehr Chancen, weil sie sich abheben. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass man, wenn man weiß, was man möchte, den Weg klug wählt. Möchte man beispielsweise in die MBBs, so ist es nicht sehr sinnvoll, alle Praktika in kleinen Consultingboutiquen zu absolvieren.

 

Brauche ich einen roten Faden?

Wenn Du nach Deinen Interessen gehst und die Praktika so wählst, dass sie in Deinen Schwerpunkt fallen, hast Du einen mühelos erstellten roten Faden. Wählst Du die Praktika so, dass Du bestimmte Fähigkeiten nach und nach aufbaust, findet sich auch hier ein roter Faden. Wichtig ist, dass Du Deine Stationen sehr gut argumentieren kannst – hier gilt es nicht tausend anderen Studierenden nachzueifern, sondern Dich selbst zu fragen, was Du tun möchtest.

 

Wenn ich am Ende meines Studiums bin und das Gefühl habe, meinen bisherigen Weg nicht gut genug genutzt zu haben, habe ich dann noch Chancen?

Menschen haben immer Chancen – Türen öffnen sich häufiger, als man denkt. Vielleicht öffnen sich nicht genauso viele Türen wie bei anderen, aber letztendlich kann jede Person immer nur durch eine Tür gehen und sich nicht teilen. Die Auswahl ist vermutlich kleiner, aber kann auch durch geschickte Stationen vergrößert werden. Diese Stationen hängen aber stark von Deinem aktuellen Profil und Deinen Karrierezielen ab.

 

Und woher kommt der Druck? Oder: Angst als Marketingstrategie

Das Internet ist voller Tipps, die Angst und Druck auslösen. Unternehmen und Personen nutzen dies auch gerne als Strategie, um ihre Kurse oder Coachings zu verkaufen. Verzweiflung und Angst sind schließlich oftmals Motivatoren, um Hilfe in Anspruch zu nehmen. Damit wollen wir allerdings aufräumen, denn es entwickelt sich immer mehr eine Kultur, die bereits Schüler*innen dazu bringt, ihre ersten Praxiserfahrungen sammeln zu müssen, um Chancen zu haben – das ist absolut nicht nötig.

Um die Wunschkarriere zu erreichen, bedarf es Arbeit und Zielstrebigkeit. Angst und Panik aber nicht.

 

Hol Dir Unterstützung

Karrieren aufzubauen und die für sich selbst richtigen Wege zu gehen, ist oftmals schwer und kann auch einsam sein. Falls Du Unterstützung dabei benötigst, wähle hier klug aus, wer Dir wie helfen kann. Professor*innen haben oftmals gute Überblicke über verschiedene Bereiche, Kommiliton*innen, vor allem aus höheren Semestern können Dir Reality Checks geben. Auf Karriereveranstaltungen kannst Du gut ins Gespräch mit Personen aus dem Recruiting kommen – frage hier unbedingt, welche Voraussetzungen sie benötigen und welche Wege es für Dich gibt, diese zu erfüllen.

 

Woher weiß ich, wer gut ist?

Generell gilt: hol Dir Unterstützung von Personen, die Ahnung haben.

Wenn Du Dein Mindset ändern möchtest, helfen manchmal privat bezahlte Psycholog*innen deutlich mehr, als Coaches, die Onlineseminare für mehrere tausend Euros anbieten. Solltest Du nach Karrierecoaching suchen, achte darauf, über welche Qualifikationen diese Personen verfügen. Sie sollten zu Dir passen und Erfahrung in der Wirtschaft gesammelt haben. Achte hier auch auf die Art der Erfahrung. Praktika geben kaum Einblicke, Festeinstellungen hingegen mehr. Je nach Position hat eine Person mehr oder weniger Erfahrung.

Als Beispiel: Eine Person, die nach dem Abi mal eine Einführungsveranstaltung an einer Uni über einen Wirtschaftsstudiengang besucht hat, kann Schüler*innen deutlich schlechter über diesen Studiengang aufklären, als jemand aus dem 6. Semester oder eine Lehrperson dieses Studiengangs. Warum also Karriereadvice von ehemaligen Praktikant*innen holen?

Menschen, die schnelle Erfolge versprechen oder mit Angst werben, sollten mit Vorsicht genossen werden. Kannst Du Dir vorstellen, dass McKinsey aggressive Werbung an Unternehmen weiterleitet, in der betont wird, wie schlecht das Unternehmen ohne die Hilfe dastehen wird? Nein, es ist unprofessionell.

 

Kurzgefasst: Prüfe die Personen, die Dir Tipps geben und versuche Dir maximal viele gute Tipps für Deine Karriere zu holen.

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